Walsersiedlung Sankt Martin Calfeisental
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1.Chirchlichopf/Ancapaa 2.Dörfchen/Siedlung 3.Friedhöfli 4.Grösste Fichte 5.Eine Zeitmaschine 6.Historische Videos 7.Rathusböden 8.Stausee-Bodensicht |
Kurzer Überblick:
1348 erhielten einige Walserfamilien die Alp Sardona als Lehen vom Kloster Pfäfers. So
entstand eine Kolonie von rund 100 Personen in 12 Familien verteilt auf Streusiedlungen mit St. Martin als Zentrum. Um 1312 wurde das heute
noch stehende Kirchlein St. Martin gebaut. 1652 verliessen die letzten Calfeisentaler Sankt Martin (rauheres Klima u. a.).
Geschichte ausführlicher: Link-Liste am Ende dieser Seite. |
Bild links: Das Gipfelkreuz auf dem markanten Felskopf Chirchlichopf über Sankt Martin; Bild rechts: Blick in die Gegenrichtung ab dem Chirchlichopf.
Bild: Sankt Martin und Gigerwald-Stausee ungefähr in Richtung Ost betrachtet.
1. Der Chirchlichopf / Ancapaa
Bild: Der majestätische Chirchlichopf über Sankt Martin.
Bild: Ein Vorgänger-Kreuz auf dem Chirchlichopf; Foto Fetzer/ Staatsarchiv SG.
Das Gipfelkreuz auf dem Chirchlichopf kann über einen unmittelbar vor der Tellerbach-Brücke beim Dörfcheneingang abzweigenden 'Uferweg' erreicht werden. Die Abzweigung ist nicht immer gut sichtbar [Geröll, Vegetation]. Weiter oben - wenn es dann 'richtig' aufwärts geht - wird der Weg sehr gut. Auf der Anhöhe Chirchlichopf erreichen wir schliesslich eine Weggabelung:
Das letzte schmiedeeiserne Grabkreuz des (unteren) Friedhofes ist jenes von Peter Sutter. Nach dem Auszug der letzten Walser zierte es während Jahrhunderten noch den Turm des Kirchleins und befindet sich heute im Ortsmuseum Vättis. Das heutige Turmkreuz ist eine exakte Kopie des Originals:
Bild: Das Kirchlein von St. Martin, erbaut 1312, das älteste noch erhaltene Walser Gebäude in St. Martin .
Auf dem Altarbild und rechts aussen historische Darstellungen des heiligen Martin (auch exakte Kopien, Originale im Ortsmuseum Vättis)
Patron wurde der heilige Martin, ein verehrter Heiliger der Walser. Bekannt ist die Szene wo der Heilige seinen Mantel in zwei Teile zerschnitt und den einen Teil einem Bettler gab. Dies ist auf dem Altarbild und rechts in einer geschnitzten Reiterstatue festgehalten.
Der heutige Altar im Kirchli stammt von 1709. Das Kreuz und die St. Martin-Statue rechts sind sehr alte Votivbilder eines dankbaren Älplers. Am Altar stehen Statuen der Heiligen St. Martin und Pirmin (Gründer des Klosters Pfäfers). Es sind Nachbildungen, die Originale befinden sich im Ortsmuseum Vättis.
Bild: Diese Kreuz-Kopie heute auf dem Kirchturm von Sankt Martin.
(Original im Ortsmuseum Vättis.)
Im 16. Jahrhundert zogen viele Walserfamilien in klimatisch mildere und vor Naturgefahren verschontere Gegenden (Weisstannen, St. Margretenberg, Gams, Malans). Die Höfe gingen als Alpen an die Gemeinden Malans und Vilters. Lawinen, Steinschlag und eine Verschlechterung der klimatischen Verhältnisse erschwerten zunehmend ein ganzjähriges Verbleiben. 1652 zogen die letzten Walser nach Vättis aus.
3. Das Friedhöfli der freien Walser im Calfeisental
Hypothese: Der alte Flurname 'Fiedhöfli' bezeugt ein ehemaliges Friedhöfli in dieser Umgebung. Bei den doch etwas grossen Distanzen und oft beschwerlichen Wegen zwischen den zahlreichen Hosteten in der Streusiedlung (man denke auch an den Winter) dürfte es zwangsläufig mehrere 'Friedhöfli' gegeben haben. Einer davon - der hier gezeigte - überlebte mit seinem Namen bis in die Gegenwart. Ein weiteres Friedhöfli lag wohl bei der Kapelle (siehe Gebeinhaus). Weitere dürften im Dunkel der Geschichte verborgen bleiben, denn das Siedlungsgebiet hat von St. Martin bis zu hinterst im Calfeisental (Alp Sardona) gereicht. Mehr als ein Dutzend Hosteten waren verstreut über die Sonnenseite des Tals und sind heute noch erkennbar. Die heute eindrücklichste (auf Rathusböden) wird weiter unten gezeigt.
Der Weg zum Friedhöfli und zur 'Grössten / Dicksten Fichte' via Chirchlichopf / Ancapaa ist anfangs der selbe wie auf den Chirchlichopf bis zum weiter oben gezeigten Wegweiser. Die Landeskarte ist für unsere beiden weiteren Ziele etwas summarisch. Darum im Folgenden ein Luftbild:
Die heutigen Holzkreuze auf der Alp Egg/Stockboden erinnern stellvertretend an die freien Walser des gesamten hinteren Calfeisentals. Ihr Standort ist symbolisch zu verstehen, aber der Flurname Friedhöfli bezeugt die Existenz mindestens eines Friedhöflis oberhalb St. Martin.
Bild: Das Friedhöfli; Die drei Gedenkkreuze etwas unterhalb des Zugangsweges.
Bild: Friedhöfli in Richtung Sardona-Alp betrachtet.
Bild: Die einsamen Kreuze als Friedhöfli-Zeugen.
4. Die 'grösste Fichte'
Bild: Die über 300-jährige Fichte mit vielen Attributen wie 'Grösste Fichte'/'Riesen-Fichte'/'Rekordfichte' oder auch 'Dickste Fichte' der Schweiz.
Ob nun die 'mächtigste Fichte' im Göscheneralp-Tal oder hier oben steht, sei dahingestellt (wahrscheinlich weder noch). In seinen über 300 Lebensjahren wird der gut 30 Meter hohe Baum ob Sankt Martin jedenfalls sicher schon einiges gesehen haben, vielleicht sogar noch die letzte Walser-Familie von Peter Sutter.
Einerseits hat der Gigerwald-Stausee ein romantisches Stück alte Calfeisentalstrasse unter sich begraben, anderseits bereichert er die Walsersiedlung St. Martin durch einen besonderen Charme: Die Oase St. Martin wird durch den Stausee von der 'Zivilisation' signifikant abgegrenzt, dies auch durch die exklusive tagsüber nur im Wechselverkehr befahrbare Tunnel-Strecke. Das 'Tor' zwischen den beiden Welten öffnet sich nur jede Stunde für jeweils 15/20 Minuten.
Die alte Strassenführung (Eröffnung 1908) mit der Galerie-Strecke 1927 [Foto: swisstopo]:
Die alte Strasse verschwindet unter der Staumauer [Foto um 2020]. Die neue führt nach dem Restaurant Gigerwald über eine zusätzliche Schlaufe zu einer neuen Galerie weiter oben und einem Tunnel, dann weiter über die Staumauer auf die neue Uferstrasse:
2024 wurde der Stausee Gigerwald zu Wartungszwecken gänzlich entleert. Das ermöglichte einen erwartungsvollen Blick auf den Seegrund. Einerseits überrascht die Tiefe des Sees, anderseits werden 'Spurensucher' - wie befürchtet - enttäuscht: Durch Sediment und Rutschungen ist das einstige V-Tal zu einem U-Tal geworden und es zeigten sich höchstens allfällige Rudimente der alten Zugangs-Strasse nach St. Martin:
Bild: Hypothese: Knapp über dem Sediment dürften hier noch letzte Spuren der alten Strasse zu sehen sein.
Kurzvideo eines Ueberfluges von der Staumauer bis nach St. Martin:
Eine historische Calfeisental-Ansicht um 1939 Richtung Gigerwald, heute im Stausee:
[Staatsarchiv St. Gallen.]
Der Eingang ins Calfeisental führte noch nicht wie heute durch die Schlucht:
Bild: Vättis um 1900 mit deutlich sichtbarem hoch gelegenem Zugang zum Calfeisental.
1908 wurde die Calfeisental-Strasse durch die Tamina-Schlucht hinter Vättis bis St. Martin eröffnet. An diese Zeit mag auch die noch heute bestehende Mariengrotte (Felsnische als Wegkapelle) kurz nach dem Schluchteingang erinnern:
Die wohl über 100-jährige Mariengrotte, heute beim raschen Vorbeifahren leider meist nicht wahrgenommen.
Die folgenden historischen Landkarten von swisstopo zeigen Wegführungen im Laufe der Zeit:
Landeskarten von vor und nach 1976 übereinander gelegt zeigen die im Gigerwald-Stausee versunkene alte Strasse nach Sankt Martin:
Die Dufourkarte von 1859 zeigt wahrscheinlich noch die ursprünglichen historischen Verläufe der zwei Verbindungs-Wege Vättis - Sankt Martin:
Ein vergrösserter Ausschnitt obiger Dufourkarte zeigt die Situation besonders gut, wo sich zwei Zugangs-Wege ab Vättis bei
der Naturbrücke vereinen. Hier ist die Naturbrücke noch eingebundener Teil in der nördlichen Wegvariante nach Sankt Martin:
Die entsprechende Siegfriedkarte von 1889 zeigt noch die Naturbrücke (heute im Stausee) über die Tamina. Diese Naturbrücke ist aber
bereits nicht mehr Bestandteil des nördlichen Zugangsweges nach Sankt Martin und durch eine künstliche Brücke etwas bachabwärts ersetzt:
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Externe Links:
Geschichte von Sankt Martin fundiert, kurz und übersichtlich:
https://www.sanktmartin.online/geschichte
100-Jahr Jubiläum der Calfeisentalstrasse und ihre Geschichte:
https://www.vaettis.ch/zeitreise-calfeisental.html
Interessante alte Aufzeichnungen zum Calfeisental:
https://www.doazmol-berge.ch/author/indenbergen/page/3/
Förderverein pro Walsersiedlung St. Martin und Calfeisental:
https://pro.sankt-martin.ch/